1928
Das Radio ist eine großartige Erfindung, die jedermann mit Freuden auf dem Kopfe trägt. Wenn es die tote Urgroßmutter noch mit erlebt hätte, würde sie gesagt haben, ein Wunder, und vielleicht auch nicht mehr richtig kapiert, daß in einem Saal ganz woanders der Sänger brüllt und wir es zu Hause hören. Manchmal kommt ja auch was ´raus, wo ich langweile, von die Börse und so. Was aber gerade ist, wo Vater spannt. Wenn die liebe Mutter den Hörer umhat und macht, als spuckt sie, so ist das nicht unanständig, sondern lernt das englische »th«. Wenn aus dem Radio die modernen Negertänze erschallen, schimpft der Onkel Franz und haut es hin. Aber meine große Schwester Mizzi ist dann glücklich, wobei sie mit alles wackelt. Das alte Fräulein Niedlich von nebenan , das öfter bei uns hört, hat laut geschluchzen bei das Gedicht von die Treue bis über dem Grab, weil das ihr Jugendfreund, wo verschwunden ist, auch immer hergesagt hat. Neulich war unser Apparat kaputt, aber ich habe trotzdem dran gehorcht. Es war sehr schauerlich, was herauskam, wie wilde Tiere, wenn Bauchschmerzen haben. Dazu stand aufs Programm »Ballgeflüster«.
Undatiert
Klagte mir da einer neulich,
Wie so bitter und abscheulich
Er darunter leiden muß,
Daß des Schlafes Hochgenuß
Er seit Jahren nicht mehr kennt.
Heiß beneide er, was pennt
Sanft und süß in seinen Betten,
Ohne Pulver und Tabletten
Ängstlich vorher einzunehmen,
Bis sich Morpheus will bequemen.
Ob auch mich dies Übel plagt,
Wurde ich befragt. Ich sagte
Als ein Weib, das gern spricht wahr:
»Nein. Ich schlafe wunderbar.«
Drauf der andere: »Jetzt wohl noch,
Aber einmal trifft Sie’s doch!«
Trübe schlich der Mann von hinnen,
Und ich nahm mir vor tiefinnen:
Mache niemals wieder Kummer
Einem Menschen ohne Schlummer!
Dr Geenich Franz, das war ä Freind
Von Bandern, Lem un Diechern,
Gleich frieh, noch eh‘ de Sonne scheint,
Da saß’r vor sein Viechern.
Un wänn dann de Ministr gam,
»Da brillte Franz gemeene:
Was gimmert mich där ganse Gram?
Macht eiern Dreck alleene!«
Nu sollte mal ä Gamfschbiel sin,
Wo sich de Bestchen frässen.
Das war sowas fier Franz sein Sinn
Un ooch fier de Mädrässen.
Von nah un färn gam angerannt
De Leide, um zu guggen.
Un rief: »’s wärd indrässant,
Wänn sich die Biester schluggen!«
Schon sitzen alle uff ihrn Blatz
Un glotzen durch de Brille,
Da hubbt ä Leewe mit een Satz
In diese Dodenschtille.
Das war ä färchterliches Vieh
Mit schauderhaften Oochen.
Där leecht sich Franzen wiesawie
Un rollt sein Schwanz im Boochen.
Druff gommt ä Diecher abgesaust
Mit mordbegiercher Fratze
Un hebt, daß allen sähre graust,
Zum Angriff seine Datze.
Schon will dr Leewe, wild gemacht,
Sich rewangschiern beim Diecher,
Da schtärzen ausn Zwingerschacht
Zwee Leobardenviecher.
Nu schtehn se alle viere da
Un fauchen wie besässen.
Äs Bubligum, schon denkt sich’s: »Aha,
Jetz wärnse sich gleich frässen.«
Uff eenmal fliecht ä Handschuhk nein
In de Vierbiesterrunde,
Un zu ä Ridder heert mr schrein
De scheene Gunigunde:
»Mei holder Freiund, nu zeiche mal,
Ob Mud du hast im Leibe!
Geh‘ nunter jetz ins Gamflogal!
Dann grichste mich zum Weibe.«
De Leide wär vor Schreck gans blaß
Un flistern schlotternd leise:
»Was die sich rausnimmt, häärnse, das
Is geene Art un Weise.«
Un wärklich laatscht dr Ridder giehn
Jetz nein bei die vier Gatzen.
Die dun zwar midn Oochen gliehn,
Doch feixen ihre Fratzen.
Dänn wennse och gefährlich sin,
D ä r dud’n imboniern.
’n Handschuhk reicht’n freindlich hin
Jetz eener von dän Vieren.
Dr Ridder sagt: »Ich danke scheen!«
Dann faggtr’n bei de Dame
Un dud’r schtolz dn Ricken drehn:
»Adjeh, du Gans, infame!«
Das gommt drvon, wänn änne Maid
Ihrn Liebsten so dud gränken.
Gee andrer hat das Weib gefreit.
(Mr gann’s ooch geen verdänken.)
1935
Daß mir Sachsen gerne reisen,
Is wohl iberall begannt.
Wenn de ärschten Schwälbchen greisen,
Da hält’s geen mähr recht im Land.
Wärsch nur ärchendwie gann machen,
Schniert sei Bindel un zieht los.
Das sin so Verärbungssachen,
Mitn Ferndrieb wärn mir groß.
Meine Obas alle beede
Liebten ’s Wandern ooch so sähr.
Jeder Lenz die nauswärts drehte…
Un ich zuckle hinterhär.
1928
Die Katze ist ein Säugetier, was schleicht, wenn ankommt. Wenn aber ein Glöckchen um den Hals hängt, dann bimmelt es, wie bei der Tante Laura ihrer. Die Katze hat ein schönes weiches Fell, wo alte Leute sich um die Gestalt binden beim Reißen. Ich meine das Kreuz und nicht mit der Eisenbahn. Hinten ist der Schwanz, aber man darf leider nicht daran ziehen, weil sonst wild wird. Die Katze hat grüne Augen und zwinkert bei Tage damit, wie der Schlächtermeister Schulze, wenn der Köchin einen Witz erzählt. Im Keller geht die Katze auf Mäusejagd und glüht dazu mit den Augen. Da werden die Mäuse wohl denken, ein Auto kommt. An jeder Katze sind vier Beine befestigt mit Krallen untendran, womit sie die Menschheit zerkratzt. Darum sagt man auch, die Katze ist kratziös. Manchmal in der Nacht kommt aus den Katzen ein schmerzlicher Gesang und die aufgewachte Bevölkerung gießt Wasser drauf. Aber dem Herrn Professor im Nebenhaus hat das Strafe gekostet, weil nicht die Katze getroffen hat, wo aufs Dach saß, sondern den Schutzmann. Wenn eine Katze in der Familie ist, haben es die Kinder gut, weil dann die lieben Eltern niemals genau wissen, wer in der Speisekammer geklaut hat.