Leipzig – Als am 25. Oktober 1995 in den Räumen der Connewitzer Verlagsbuchhandlung Peter Hinke zwölf engagierte Lene-Voigt-Freunde die Lene-Voigt-Gesellschaft als eingetragenen Verein gründeten, konnte niemand ahnen, daß er heute aus dem Kulturleben Sachsens nicht mehr wegzudenken ist. Mit Buchlesungen, Kabarettaufführungen und Publikationen, die sich immer um Leben und Werk der sächsischen Klassikerin Lene Voigt (1891–1962) drehten, wurde sie zum Markenzeichen. Unangefochtene Spitzenreiter sind die beiden jährlich stattfindenden Vortragsveranstaltungen. Kinder streiten mit Engagement ums »Brongnse, Silwerne und Goldne Gaggaudebbchen«, Erwachsene Amateure um de »Gaffeeganne«. Mit diesem, zum achten Mal veranstalteten, Wettbewerb werden die diesjährigen Lene-Voigt-Tage eröffnet – im Rudolf Hildebrand Gymnasium in Markkleeberg. Wie immer müssen ein mundartlicher und ein hochdeutscher Text von Lene Voigt vorgetragen werden, die bzw. der Gewinner erhalten die »Gaffeeganne der Lene-Voigt-Gesellschaft«.
Diesmal kann das Publikum mitreden, denn erstmals gibt es einen Publikumspreis. Und wer sich besonders um Lene Voigt verdient gemacht hat, darf die „Ehrengaffeganne“ in Besitz nehmen, nach alter Tradition wird der Empfänger erst während der Veranstaltung bekanntgegeben. Teilnehmer können sich bis zum 15. Oktober 2005 melden bei
Lene-Voigt-Gesellschaft e.V.
Coppistraße 53, 04157 Leipzig
oder per E-mail Lenevoigt@aol.com
Es werden nur schriftliche Anmeldungen berücksichtigt.
Die Lene-Voigt-Tage (Ablauf s.u.) finden an unterschiedlichen Orten statt, Gäste werden u.a. sein Gunter Böhnke (11.11.), die erstmals zu einem Deutschlandgastspiel auftretenden »Dells Erben« aus der Schweiz mit einem Balladen-Programm, das klassische Vorlagen und Lene Voigts Parodien vereint. Das wird Abschluß und Höhepunkt der Festveranstaltung sein, in der der prominente Schriftsteller und Journalist Dieter Zimmer, Wiesbaden, den Festvortrag halten wird (12.11.), am letzten Tag treffen sich Mitglieder und Lene-Voigt-Freunde sich im Kabarett SANFTWUT, um das neue Programm »Auf, auf zum fröhlichen Klagen« zu erleben.
Die Lene Voigt Gesellschaft e. V. feiert ihren 10. Geburtstag mit diesen Veranstaltungen:
Donnerstag, 10.11.2005, 18 Uhr (Einlass)
Vortrags-Wettbewerb für Amateure um die 8. »Gaffeeganne«
Rudolf-Hildebrand-Gymnasium
Musik liefert das Einmann-Orchester Generation B (Stephan Langer) Markkleeberg, Mehringstraße 8
Eintritt: 8 Euro
Gemeinschaftsveranstaltung mit der Kultur- und Umweltstiftung Leipziger Land der Sparkasse Leipzig, Institut zur Bewahrung der sächsischen Mundart
Mit freundlicher Unterstützung der Firma J. J. Darboven
Freitag, 11.11.2005, 20 Uhr
Günther Böhnke: »Fast alle Menschen sind aus Sachsen«
FroschCafé, Thomasiusstraße
Eintritt 16 Euro
Sonnabend, 12.11.2005, 18.30 Uhr
Fest-Veranstaltung
Festredner: Dieter Zimmer, Journalist & Schriftsteller, Wiesbaden. Präsentation des »Gaffeegeschbänds« aus Meissner Porzellan, Lene-Voigt-Lieder, Frauenchor Leipzig-Süd, »Vom Erhabenen bis zum Lächerlichen – Klassische Balladen und Lene Voigts Parodien« vorgeführt von »Dells Erben« (Dr. Hamburger & Co.), Schweiz. Kunsthalle der Sparkasse Leipzig, Otto-Schill-Straße 4b
Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Leipzig
Eintritt frei, Spenden erbeten
Sonntag, den 13.11.2005, 20 Uhr
Auf, auf zum fröhlichen Klagen
Ein neues Programm des Kabaretts SANFTWUT
Kabarett-Theater SanftWut, Mädlerpassage
Eintritt: 15 Euro
(Journalisten werden – ausnahmsweise – um Voranmeldung per E-mail gebeten.)
Es gibt ja nicht viele Bilder von Lene Voigt. Auf manchen sieht die »sächsische Nachtigall« aus wie eine fleißige Verlagskontoristin. War sie ja auch eine Zeit lang: beim renommierten Insel Verlag Anton Kippenberg. Es gibt auch eins, da sieht sie wie eine schüchterne Volksschulabsolventin aus. Auch das war sie. Ist immer die Frage: Welches kommt aufs Cover für den nächsten Band ihrer Werkausgabe? Die erscheint ja bekanntlich in der Connewitzer Verlagsbuchhandlung und flattert jetzt mit Band zwei auf die weihnachtlichen Ladentische: mit Lene als Kontoristin und dem schönen Titel »Ich weeß nich, mir isses so gomisch«.
Drin stecken Lenes klassische Werke: Die »Säk’schen Balladen«, Teil 1, aus dem Jahr 1925 und deren zweiten Teil aus dem Jahr 1929. Verschiedene Rezensenten behaupten, Goethe, Schiller und Co. hätten sich gegraust beim Anblick dieser Enkelkinder ihrer hohen Dichtkunst. Andere sind sich sicher, dass Lene für ihre begnadete Umgangsweise mit dem Stoff und die filigrane Abwandlung zu gänzlich sächsischen Moritaten die Bewunderung selbst von Dichtergott Johann Wolfgang bekommen hätte.
Fest steht: Lene Voigt ist keine Mundart-Dichterin. Sie will niemandem das Sächsische als heimatliche Märchenstunde andrehen. Sie nutzt die Leipziger Spielart des Obersächsischen zu gnadenlos geschliffener Ironie, nimmt Menschen, Moden und Macken aufs Korn. Auch dann, wenn sie klassische Balladenstoffe hernimmt und umstrickt. Tatsächlich umstrickt. Anders als platte Übersetzungen aus dem Hochdeutschen ins Idiom machen ihre Texte die überhobene Pose zunichte, holen den Text so gründlich vom Sockel, dass er verschwindet. Was dahinter erscheint ist sächsischer Mutterwitz.
Wir wollen ja nicht zu viel fordern. Aber an einem Buch über die Mutter der Lene Voigt arbeiten Monica Schütte, Gabriele Trillhaase und Wolfgang U. Schütte, die drei Herausgeber, noch lange nicht. Leider. So eine Werkausgabe kostet Zeit – und Nerven. Mit diesem Band präsentieren sie die »Nachtigall« in ihrer Bestform. Und natürlich mit den wichtigsten Texten, mit denen Sachsen und Gastsachsen ganze Säle zum Brüllen bringen können. Vorausgesetzt, sie beherrschen den feinen, gestochen genauen Zungenschlag der Dichterin. Denn auch das muss betont werden: Lene Voigt schreibt ein kluges, bissiges und passgenaues Leipziger Sächsisch. Sie määrt nicht, nörscheelt nicht. Ihre Pointen sitzen.
Das hat schon mancher Teilnehmer des Wettbewerbs um die Gaffeeganne zu spüren bekommen: Wenn der Text nicht sitzt, kommt auch die Pointe nicht rüber. Da muss einer schon im Stoff stehen und Lenes Lust begreifen, mit den Worten ihrer Muttersprache deftig, ehrlich und frivol an der richtigen Stelle zuzulangen. Da verwandeln sich Balladen in Satiren und abendfüllende Dramen in blitzende Kammerspiele. Auch die sind drin: Beide Sammlungen der »Säk’schen Glassiger«, Band 1 im Jahr 1925 erschienen, Band 2 zwei Jahre später.
Den ersten Band hat Lene Voigt übrigens Hans Natonek gewidmet, seit 1923 Redakteur der »Neuen Leipziger Zeitung«. Aus Dankbarkeit natürlich, denn Natonek sorgte dafür, dass immer wieder mal ein Text von Lene Voigt ins Blatt rutschte. Interessant ist aber auch, dass Natonek in dieser Zeit bei der NLZ ein Kollege von Erich Kästner war, der ja auch so manches Gedicht unterzubringen hatte. Lene und Erich – das wäre nun wieder ein eigenes Kapitel, das in diesem Buch leider keinen Platz fand.
Dafür können sich Freunde der Lene Voigt noch auf drei weitere Sammelbände mit ihren Texten freuen. Der nächste ist für die Buchmesse im Frühjahr geplant. Erst im Oktober 2006 kommt dann die große Biographie der Lene Voigt, an der Monica und Wolfgang U. Schütte schreiben. Bis dahin muss man es aushalten mit »De Bärchschaft« und »Dr Daucher«, mit »De Weiwr von Weinsbärch« und »’s Gaffeegeschbänst«. Alles in diesem Buch, das sich wieder edel ausnimmt im dunklen Blau wie Band 1.
Ralf Julke
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von LIZzy – die Leipziger Internet-Zeitung.
Am 18. August 2002 war es so weit: nach langer Anlaufphase steht die Version 1.0 der Internetseiten der Lene-Voigt-Gesellschaft im Web. Wir hoffen, damit Informationen rund um Leben und Werk Lene Voigts sowie das Wirken unseres Vereines einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen zu können. Kommentare und Anregungen sind willkommen, damit wir in Zukunft noch besser die Wünsche unserer Besucher erfüllen können, und damit diese Seite zur lebendigen Plattform für den Austausch aller am Leben und Werk der Autorin Interessierten wachsen kann. Wir feuen uns auf Ihre e-mail oder klassische Post.
Neue Ergebnisse der Lene-Voigt-Forschung, Information über Veranstaltungen und Aktivitäten der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V.
Herausgeber: Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. Leipzig
Redaktion im Auftrage des Vorstandes: Monica und Wolfgang U. Schütte, Gabriele Trillhaase
Erscheinungsweise: in loser Folge zweimal jährlich
Preis: 2,60 €, für Mitglieder der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. kostenlos
Verkauf und Vertrieb:
Connewitzer Verlagsbuchhandlung
Specks Hof
Schuhmachergässchen 4
04109 Leipzig
Telefon: +49 341/960 34 47
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